Das Geheimnis des Wimbachgries

Kann es eigentlich einen Fluss ohne Wasser geben? Oder, was ist ein Gries? Komm mit auf eine Wanderung in den Nationalpark Berchtesgaden, wo wir das Geheimnis des Wimbachgrieses lüften wollen!


⭐ Die schier unendliche Schuttfläche des Wimbachgrieses
⭐ Der wilde, naturbelassene Wimbach
⭐ Die atemberaubende Bergkulisse
⭐ Die unberührte Natur mit ihrer reichhaltigen Flora und Fauna
⭐ Und optional: die spektakuläre Wimbachklamm


Unsere Entdeckungsreise startet am Parkplatz zur Wimbachklamm in der bayrischen Ramsau. Der frühe Vogel fängt den Wurm, lautet hier die Devise, denn wer zu spät kommt, ergattert vermutlich keinen Parkplatz mehr. Zu beliebt ist der Gries – so wie alle Ausflugsziele im Nationalpark Berchtesgaden – bei Besuchern aus Nah und Fern.

Um mit der Begriffsverwirrung gleich vorweg aufzuräumen: Das Tal zwischen Watzmann im Osten und Hochkalter im Westen ist das Wimbachtal. Darin befindet sich das Wimbachgries, also unser heutiges Ausflugsziel. (Und ja, „Wimbachgries“ schreibt man tatsächlich mit normalem „s“.) Aus dem Tal fließt – unschwer zu erraten – der Wimbach, welcher auf den letzten Metern vor dem Talausgang sich durch die Wimbachklamm zwängt. Die Klamm wäre somit das erste logische Highlight auf dem Weg in das Wimbachtal. Darum soll es uns heute jedoch nicht gehen.

wilder Wimbach im Wimbachtal
Der Wimbach am Eingang zur Klamm

Angenommen, wir haben es geschafft, sind vor zehn Uhr vor Ort und haben einen Parkplatz ergattert. Dann steht unserer Expedition nichts mehr im Wege.
Auf der Asphaltstraße geht es erst bergauf bis zum Wollstadl, wo sich auch der Ticketautomat für die Klamm befindet. Ab hier beginnt der gut befestigte Forstweg hinein ins Tal. Bald müssen wir uns entscheiden, ob wir gleich – also gleichzeitig wie fast alle anderen Besucher an diesem Tag – oder erst am Rückweg die Klamm besichtigen wollen. Wer die Klamm erst einmal auslassen möchte, geht an der Abzweigung geradeaus die Straße hinauf.

Bisher hatten wir noch keinerlei Aussicht. Das ändert sich jedoch sehr bald. Nach etwa einem Kilometer des Weges lichtet sich der Wald und gibt den Blick in das Tal frei. Unter uns mäandert der Wimbach in seinem Schotterbett, links und rechts steile Berghänge, ganz hinten hohe Gipfel. Eine wunderschöne Kulisse. Doch nichts deutet vorerst darauf hin, dass im Wimbachtal etwas anders ist als in anderen naturbelassenen Tälern in den Alpen.

erster Blick ins Wimbachtal
Ein erster Blick in das Tal

Also wandern wir weiter und bestaunen die schroffen Prallufer und manch andere natürliche Schönheiten entlang des Weges.
Nach einer Weile kommt eine breite Talsperre in Sicht, aus deren Sockel Wasser heraussprudelt.
Eine Staumauer im Nationalpark?
Tatsächlich!

Geschiebesperre im Wimbachtal
Die ominöse Staumauer kommt in Sicht

Etwas abseits der Staumauer führt uns der Weg um diese herum.
Ja wo ist denn nun das ganze Wasser? Eigentlich müssten wir jetzt vor einem Speichersee stehen! Aber völlig unvermittelt stehen wir statt dessen vor einer riesigen, staubtrockenen Schotterfläche, die sich kilometerweit nach hinten zu ziehen scheint.
Wirklich beeindruckend!
Und keine Spur von Wasser, auch der Wimbach ist plötzlich verschwunden.

am Wimbachgries

Bald ist klar: Die Staumauer ist gar nicht für Wasser gedacht, sondern soll den Schutt aufhalten. Ebenfalls leuchtet ein, dass der Wimbach bis hier her wohl unterirdisch fließen muss. Sobald der Schotter durch die Sperre weggenommen wird, tritt der Bach wieder an die Oberfläche.

Der Weg führt nun entlang des Grieses leicht ansteigend durch den Wald und erreicht nach einer weiteren halben Stunde das Wimbachschloss. Einst Jagdhaus der bayrischen Könige, ist es heute eine Berggaststätte und das Ziel der meisten Besucher.

Blick auf Watzmann vom Wimbachtal aus
Blick auf Watzmann kurz nach dem Wimbachschloss

Habt ihr Lust, noch ein kleines Stück weiter zu gehen, und dann auf dem Gries wieder zurück? Okay! Nur wenige Minuten nach dem Wimbachschloss führt ein Weg hinunter zum Gries. Wer will, kann natürlich auch weiter nach hinten wandern und erreicht nach etwa einer Stunde die Wimbachgrieshütte nahe des Talschlusses. Doch dazu ein andermal mehr.

Bald stehen wir also mitten am Gries. Die Weite dieser offenen, praktisch vegetationslosen Fläche ist atemberaubend und wahrscheinlich einzigartig in Mitteleuropa. Die Fotos können das kaum vermitteln, man muss es schon selbst gesehen haben. Die an eine Mondlandschaft erinnernde Schuttfläche bietet viele Nuancen nur einer Farbe: grau. Farbgebend ist der vorherrschende, sehr spröde Dolomit. Er gilt als Hauptschuttbildner der Alpen. Anders gefärbtes Gestein ist nur selten zu finden.

Steinmännchen am Wimbachgries

Das Gries führt mit gleichmäßig leichtem Gefälle bergab. Bis zu 300 Meter soll es im hinteren Talbereich mächtig sein. Alles Wasser versickert sogleich bis zum darunterliegenden festen Talboden. An der Oberfläche zeichnen sich jedoch immer wieder Spuren fließenden Wassers in Form von unterschiedlich tiefen Rinnen ab. Offensichtlich fließt hier manchmal also doch auch Wasser! Aber keine Angst, dafür braucht es schon ordentliche Unwetter oder eine starke Schneeschmelze, um von den Fluten überrascht zu werden.

Schwemmholz am Wimbachgries
Spuren von Wasser: Schwemmholz und Rinnen

Folglich ist es auf dem Gries entweder staubtrocken (die meiste Zeit des Jahres) oder Wassermassen wühlen sich durch den Schotter und wirbeln die Oberfläche gehörig durcheinander. Kein Wunder also, dass wir auf dem Schutt praktisch keine Vegetation vorfinden. Ab und zu kann sich das ein oder andere Blatt der Pestwurz halten. Ganz selten kann man mit etwas Glück jedoch einen Alpenschwemmling entdecken. Alpenschwemmlinge sind Pflanzen, die eigentlich viel weiter oben in den Bergen wachsen, deren Samen jedoch in den Talboden gespült wurden und hier gekeimt sind.

Alpen-Leinkraut am Wimbachgries
Das farbenprächtige Alpen-Leinkraut ist ein typischer Alpenschwemmling und ein ausgesprochener Schuttspezialist

Der weiche Untergrund macht das Gehen etwas anstrengend und die Füße ermüden recht schnell. Aus diesem Grund haben wir auch den Rückweg über den Gries gewählt, denn bergauf wäre es noch mühsamer.

Schließlich erreichen wir wieder die Staumauer, von der wir mittlerweile wissen, dass es eine Geschiebesperre ist, die den gewaltigen Schuttstrom – das gesamte Gries fließt wie eine zähflüssige Masse langsam in Richtung Talausgang – davon abhalten soll, den unteren Teil des Tales unter sich zu begraben.

Der Wimbach tritt zu Tage an der Geschiebesperre im Wimbachtal
Blick von der Geschiebesperre: der Wimbach tritt an die Oberfläche
Wimbachtal mit Geschiebesperre
Letzter Blick zurück auf die Geschiebesperre

Ab hier folgen wir wieder der Forststraße aus dem Tal hinaus. Wer möchte, kann abschließend noch den Weg durch die Klamm nehmen. Tickets gibt es leider nur ganz vorne beim Wollstadl, sie wurden also idealerweise schon am Hinweg erworben. Die Klamm ist zwar kurz, aber dennoch sehr spektakulär. Doch auch dazu ein andermal mehr.

Der Wimbach im Wimbachtal

Von Berchtesgaden auf der B305 (Deutsche Alpenstraße/Ramsauer Straße) nach Ramsau fahren. Die Wimbachklamm befindet sich kurz vor Ramsau auf der linken Straßenseite und ist gut ausgeschildert.

kostenpflichtiger Wanderparkplatz Wimbachbrücke
Tarife (Stand 2020): € 5,- bis 4 Std. Aufenthalt, € 7,- für das Tagesticket

In der Hochsaison, während Schulferien, sowie an Wochenenden und Feiertagen kommt es regelmäßig zu Engpässen. Einen sicheren Parkplatz erhält dann nur, wer spätestens um 10 Uhr vor Ort ist.

RVO-Bus Linie 846 verkehrt mehrmals täglich zwischen Berchtesgaden Bahnhof und Ramsau. Die Haltestelle Wimbachbrücke befindet sich unmittelbar beim Parkplatz.

Weglänge: ca. 9,5 km
reine Gehzeit: ca. 3:00 Stunden
Höhenunterschied: ca. 330 m
Wegbeschaffenheit: Wanderung anfangs auf Asphalt-, dann auf Forststraßen, sowie (beim Gang über das Gries) in weglosem Gelände.
Schwierigkeit nach SAC Wanderskala: T1 – Wandern
Trittsicherheit: nicht erforderlich
ausgesetzte Stellen: keine
Familientauglichkeit: hervorragend geeignet – Die Forststraße ist für Kinderwägen geeignet, der Weg über das Gries natürlich nicht. Kinder – groß wie klein – werden beim Spielen mit den Steinen am Gries mit Sicherheit viel Spaß haben.
Barrierefreiheit: ja – aber nur am Forstweg
Empfohlene Ausrüstung: Knöchelhohe Wanderschuhe für den Weg über das Gries – ansonsten habt ihr ständig Steinchen im Schuh 😉

  • Berggaststätte Wimbachschloss:
    Das ehemalige Jagdschloss von Prinzregent Luitpold liegt im Wimbachtal auf 937 Meter Höhe und stellt für die meisten Wanderer den Umkehrpunkt ihrer Tour dar. Von Mai bis Oktober ist von 9:30 – 18:00 Uhr täglich geöffnet
  • Wirtshaus Hocheck:
    Am Eingang ins Wimbachtal nahe dem Parkplatz gelegen, in der Hochsaison von 11:30 – 22:00 geöffnet, Montag & Dienstag Ruhetag
Blick auf die Felswände im Wimbachtal
In’s Tal hinein gezoomt
  • zur Wimbachgrieshütte:
    ca. 3 – 3 1/2 Std., 8,3 km, 700 Höhenmeter, leichte Wanderung
  • zur Drischüblalm:
    ca. 4 1/2 – 5 Std., 11,5 km, 1.200 Höhenmeter, mittelschwere Wanderung
  • zur Hochalm über Wimbachschloss:
    ca. 3 – 3 1/2 Std., 6,5 km, 1.000 Höhenmeter, sehr schwer – nur für Geübte, Schwindelfreiheit und Trittsicherheit vorausgesetzt
  • zum Kärlingerhaus am Funtensee (über Hundstodgatterl):
    ca. 8 Std., 19 km, 1.750 Höhenmeter, lange und schwere Wanderung

Wimbach mit Prallufern im Wimbachtal
Mäandernder Wimbach mit Prallufern
Pilz und Moos im Wimbachtal
Auch am Wegesrand gibt es viele Schönheiten zu bestaunen
Blick ins Tal vom Wimbachgries aus
Blick taleinwärts
Altholz im Wimbachtal
Totholz ist ökologisch sehr wertvoll und wird im Nationalpark nicht aufgeräumt
Blick vom Wimbachgries auf den Berchtesgadener Hochthron
Blick talauswärts auf den Berchtesgadener Hochthron

Bitte beachte:
Alle Angaben und Beschreibungen in diesem Artikel spiegeln meine persönlichen Eindrücke und Erfahrungen wider und erfolgen daher ohne Gewähr auf Richtigkeit bzw. Aktualität. Gelände und Natur sind ständigen Veränderungen unterworfen. Wege könnten aus diesem Grund nicht mehr passierbar, gesperrt oder anderweitig verändert sein. Auch das Wetter kann großen Einfluss auf den Charakter eines Weges haben. Eine sorgfältige Tourenplanung ist für das Wandern in der Natur – speziell im Gebirge – deshalb unerlässlich.


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